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Irgendwo ist immer Wahlkampf. Das gilt vor allem in föderalen Staaten, in denen Parlamente und Vertretungen auf verschiedenen Ebenen gewählt werden, beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland oder auch den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Wahlkampfrede bildet eine spezielle Form der politischen Rede, die Rednern und Zuhörern klare Rollen zuschreibt und gerade unter US-Präsident Donald Trump eine völlig neue Ebene erreicht.
Kaum jemand hatte es im Herbst 2016 für möglich gehalten, dass nach der achtjährigen Amtszeit des Demokraten Barack Obama ausgerechnet der Immobilienunternehmer Donald Trump ins Weiße Haus einziehen könnte – und doch ist genau das bekanntlich geschehen. Trump verkörpert das komplette Gegenteil zu Obama, nicht nur durch seine Zugehörigkeit zum Lager der Republikaner, sondern auch durch sein gesamtes Auftreten. Die Gegensätze werden besonders deutlich, wenn man Trump und Obama über ihre jeweiligen Ehefrauen sprechen hört – oder umgekehrt.
Doch auch politisch und rhetorisch liegt mehr Trennendes als Verbindendes zwischen den beiden Präsidenten. Gerade im Wahlkampfmodus – und in diesem befindet sich Trump eigentlich ständig – zeigt sich in ihren Auftritten und Reden der gänzlich unterschiedliche Stil.
Gemeinsam ist beiden, dass sie auf die Emotionen ihrer Zuhörer setzen – ein typisches Mittel der Rhetorik, das in nahezu allen Reden jeglichen Anlasses zum Einsatz kommt, im Wahlkampf jedoch eine besondere Bedeutung entfaltet. Denn die Wahlentscheidung vieler Wähler basiert letztendlich wesentlich stärker auf emotionalen als auf rationalen Aspekten.
Während Obama allerdings inhaltlich vor allem auf Versöhnung und Annäherung setzte, Gräben zu schließen versuchte und vor seinen Anhängern staatstragende Zukunftsvisionen skizzierte, fährt Trump eine entgegengesetzte Strategie. Er betont gerade die Gegensätze, scheut keinen Angriff auf den politischen Gegner oder auch Kritiker in den eigenen Reihen und verwendet simple Worte in kurzen Sätzen, die bei seiner Wählerschaft, die vor allem aus Farmern auf dem Land besteht, gut ankommen.
Bereits im kommenden Jahr wird in den USA erneut ein Präsident gewählt, und während die Demokraten noch dabei sind, ihre Kandidaten zu sichten und die verschiedenen Bundesstaaten zu bereisen, hat Trump bereits erklärt, wieder für die Republikaner antreten zu wollen. So überraschend sein Wahlsieg 2016 für die meisten Beobachter war, so wahrscheinlich erscheint derzeit eine Wiederwahl, da sich bislang noch kein ernstzunehmender Herausforderer auf demokratischer Seite abzeichnet.
Unterdessen gerät Trump jedoch unter Druck seit bekannt wurde, dass er offenbar ausländische Regierungschefs zu überreden versuchte, Ermittlungen gegen den Sohn seines potenziellen demokratischen Kontrahenten Joe Biden anzustoßen. Dem ehemaligen Vizepräsidenten werden gute Chancen auf die Kandidatur nachgesagt. Die Demokraten nahmen dies zum Anlass, ein Amtsenthebungsverfahren gegen den amtierenden Präsidenten in Gang zu setzen – ein äußerst seltener Vorgang.
Wie sehr sich Trump dadurch in die Enge gedrängt fühlt, lässt sich auch an seiner Rhetorik erkennen. Diese fiel in den vergangenen Wochen noch schriller aus als ohnehin schon, er griff vermehrt zu offenen Beleidigungen des politischen Gegners, doch auch unliebsame Republikaner wurden nicht geschont. Sowohl über seinen Lieblingskommunikationskanal, den Kurznachrichtendienst Twitter, als auch im Zuge verschiedener Auftritte und Wahlkampfreden holte Trump verbal zum Rundumschlag aus.
Zu Beobachten ist aktuell eine Überspitzung jener Rhetorik, die er bereits vor seinem Amtsantritt im vorangegangenen Wahlkampf gepflegt hat: Simplifizierung, Spaltung, Angriff. Wir gegen die, Gut gegen Böse, sich selbst überhöhend und den Gegner diffamierend.
Es ist eine Sprache, die sich – wenn auch meist in etwas zurückhaltenderer Ausprägung – seit einigen Jahren in vielen Staaten beobachten lässt, in denen populistische Regierungen an die Macht gewählt wurden. Autokratische, in der Regel männliche Machthaber versuchen ihre eigene Position zu erhöhen durch verbale Erniedrigung der tatsächlichen oder vermeintlichen Gegner.
Blickt man jedoch in der Geschichte zurück, so sind es vor allem jene Politiker, die in ihren Reden visionäre Zukunftsideen skizzierten, die sich im kollektiven Gedächtnis verankern konnten. Unter den US-Präsidenten des vergangenen Jahrhunderts ist es vor allem John F. Kennedy, der sich erst in die Herzen der Wähler und schließlich in die Geschichtsbücher geredet hat.
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es mit dem Bundespräsidenten sogar ein Staatsamt, dessen Macht allein auf der Kraft der Worte basiert. Politisch hat das hiesige Staatsoberhaupt kaum Entscheidungskompetenzen, doch durch öffentliche Reden und Auftritte kann er Akzente setzen oder die politische Debatte in eine bestimmte Richtung beeinflussen.
Das Amt des Bundespräsidenten gilt als besonders würdevoll, er repräsentiert die Republik nach außen und den Staatsapparat nach innen. Fraktionsübergreifend finden seine Worte Gehör im politischen Berlin, was gerade in Krisenzeiten von Bedeutung ist. So konnten beispielsweise die zähen Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl 2017 erst dadurch gelöst und in eine Regierungsbildung übergeleitet werden, nachdem der Bundespräsident interveniert und das Gespräch mit den Beteiligten gesucht hatte.
Den Dauerwahlkampfmodus der Parteien ist man in Deutschland längst gewohnt. Bei 16 Landesparlamenten zusätzlich zum Bundestag sind die Vertreter der großen Parteien stets darauf bedacht, keine Wähler zu verschrecken. Wie sehr dies jedoch den politischen Betrieb mitunter lähmen kann zeigt sich daran, dass anstehende Großprojekte oder tiefgreifende Reformvorhaben immer wieder verschoben oder zusammengestutzt werden – nicht selten mit Hinweis auf die anstehenden Wahlen in diesem oder jenem Bundesland. Um bloß niemanden vor den Kopf zu stoßen, werden Entscheidungen wieder und wieder vertagt.
Dabei zeigen Wählerbefragungen schon seit vielen Jahren, dass ein Großteil der Bevölkerung sich in jene Zeiten zurücksehnt, in denen Politiker noch „Charakterköpfe“ waren, mit Ecken und Kanten und Überzeugungen, die nicht jedem gefallen mussten, hinter denen sie aber felsenfest und verlässlich standen.
Die Ära der visionären Köpfe in der Politik ist jedoch seit Jahrzehnten vorbei. Menschen mit großen Zukunftsvisionen gehen stattdessen in die Wirtschaft, gründen Unternehmen wie Tesla oder erfinden Produkte wie das iPhone. Der Mut zum Risiko ist in der Politik hingegen nur noch selten anzutreffen, zumal fraglich bleibt, inwieweit sich solcher Mut bei der nächsten Wahl tatsächlich auszahlen würde.
Um einen tatsächlichen Wandel einzuläuten, bilden allgemein politische Reden und speziell Wahlkampfreden ein zentrales Element. Sie lassen Ideen in den Köpfen entstehen, rufen Emotionen hervor oder stärken bestehende Überzeugungen. Die mitreißendsten Redner sind dabei nicht unbedingt die mit der lautesten Sprechtechnik oder mit der ausufernden Körpersprache, sondern diejenigen, die es verstehen, auch mit leisen Tönen starke Akzente zu setzen. Auch dies ist ein großer Unterschied zwischen einer Rede des Bundespräsidenten und einem Wahlkampfauftritt eines Parteivorsitzenden.
Wie wichtig die Ansprache von Emotionen ist, hat sich in Deutschland zuletzt vor allem gezeigt, als die CDU zum Jahresende 2018 hin eine neue Parteispitze wählen sollte. Nicht wenigen galt ein Sieg des Altvorderen Friedrich Merz als nahezu sicher – doch letztendlich konnte sich mit Annegret Kramp-Karrenbauer erneut eine Frau und Merkel-Vertraute durchsetzen. Geschafft hat sie das, nach Aussagen vieler, die dabei waren, vor allem durch ihre Rede vor der entscheidenden Wahl.
Sie sprach mit ihrem Auftritt nicht nur die Emotionen der Delegierten an, sondern gab auch eigene Emotionen preis. Dabei wirkte sie weder künstlich noch taktierend, sondern in erster Linie authentisch – und gerade dadurch überzeugend.
Wer von sich und seinem Anliegen selbst überzeugt ist, wer echte Leidenschaft ausstrahlt, dem gelingt es wesentlich leichter, die eigenen Emotionen auf die Zuhörer zu übertragen und sie auf die eigene Seite zu ziehen. Die Momente von Authentizität sind jedoch selten geworden im politischen Alltag, hierzulande wie auch jenseits des Atlantiks.
Welche Regierung nach der kommenden US-Präsidentschaftswahl im Weißen Haus sitzen wird, ist noch genauso ungewiss wie die Frage, welchen Präsidentschaftsbewerber die Demokraten ins Rennen schicken werden. Als entscheidend könnten sich einmal mehr die Wähler in den klassischen „Swing States“ erweisen, die in der Vergangenheit mal demokratisch, mal republikanisch gewählt haben. Auf diese Staaten fokussieren Republikaner und Demokraten den größten Teil ihrer Wahlkampfausgaben, auch finden hier die mit Abstand meisten Wahlkampfveranstaltungen statt.
Zu den Swing States zählen Colorado, Florida, Iowa, Michigan, Minnesota, Ohio, Nevada, New Hampshire, North Carolina, Pennsylvania, Virginia und Wisconsin. Ein besonderer Fokus der Wahlkampfveranstaltungen liegt dabei auf Florida und Pennsylvania, da hier mit 29 beziehungsweise 20 Wahlmännern die meisten Stimmen einzelner Swing States zu holen sind.
Redaktion redenwelt.de
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